Heute
vor vier Wochen, also vor einem Monat, sind wir in Los Angeles
angekommen. Die Zeit kommt mir wahnsinnig kurz vor, doch wenn man so
darüber nachdenkt ist schon echt viel passiert und auch wenn man es
gar nicht so bewusst merkt, spielt sich vieles immer besser ein...
Ich
weiß zwar immer nicht genau, wer diesen Blog hier (überhaupt) liest
(vielleicht schreib ich ihn auch nur für mich selber ;D ) , aber ich
hab mir gedacht, ich könnte einfach mal kurz meinen Alltag hier
beschreiben, also eine ganz normalen Arbeitstag hier in Chile. Für
alle die das interessiert: Ihr dürft jetzt weiterlesen :)
Morgens
fühle ich mich immer direkt an meine Schulzeit erinnert...Das, für
mich, frühe Aufstehen (7.20 Uhr) macht mir wirklich schwer zu
schaffen, vor allem jetzt in den ersten Wochen war es hart, da es
draußen morgens um die 4 Grad hatte, und ich dann wirklich sehr
ungerne mein warmes Bett verlasse. Irgendwie schafft man es ja dann
aber doch immer, ich ziehe mir drei Pullis über und stapfe ins Bad.
Wenn wir dann die Wohnung verlassen, bin ich doch immer froh
aufgestanden zu sein, denn in letzter Zeit laufen wir jeden Morgen
bei wunderschönem Sonnenaufgang, der eine echt schöne Stimmung in
den Straßen Los Angeles' verbreitet, zu einer der Tías, die uns
netterweise jeden Morgen mit in die Schule nimmt. Die Autofahrt zur
Schule dauert etwa eine viertel Stunde und läuft immer folgender
Weise ab. Wir drei hocken noch etwas verschlafen drinnen, aus
Gewohnheit versuch ich jedes Mal mich anzuschnallen, um dann fest zu
stellen, dass der Gurt ja nicht funktioniert, ich kann es mir aber
nach einem Monat immer noch nicht merken... Doch Tía Paola meint,
das wäre in Chile überhaupt kein Problem, hier fährt man nämlich
auch gerne mal zu siebt in einem Auto, dass nur fünf Plätze hat,
das ist ganz normal! Die Tía scheint jedenfalls nicht ganz so
verschlafen wie wir zu sein, denn sie redet immer ziemlich viel in
dieser 15 - minütigen Autofahrt, was an sich nicht schlecht ist,
doch Spanisch am Morgen in dieser Geschwindigkeit zu verstehen, ist
noch schwerer, als es eh schon ist. Wir antworten immer freundlich
mit "Si", dann auch mal mit "No" und
zwischendurch mit "oooh" und "aaah" und danach
fragen wir uns oft, was sie uns jetzt eigentlich sagen wollte :D Doch
anbei soll vermerkt sein, dass wir schon viel mehr verstehen als am
Anfang, doch sprechen ist immer noch wahnsinnig schwer und wenn die
Chilenen untereinander reden, also nicht auf uns achten, kommt es
einem eh vor wie Chinesisch. Wir reden uns jedoch jeden Tag gut zu,
dass es irgendwann ja doch jeder schafft, Spanisch zu lernen. Die
Tatsache, dass ich immer noch nicht wirklich sprechen kann, ist
übrigens das, was mich am meisten stört und am meisten an meinem
Ego kratzt. Ich bin es gewohnt, bzw. wir alle sind es gewohnt,
einfach das zu sagen was man gerade sagen will, ohne es vorher 100
Mal überdenken zu müssen und es im Endeffekt dann doch zu lassen,
weil die Hälfte der Wörter, die man braucht, schlicht und einfach
nicht vorhanden sind. Oder einfach mal so nebenbei einen Witz zu
machen, wäre auch toll :D Das schlimmste ist, wenn jemand etwas zu
dir sagt, und man es nach dem dritten Mal wiederholen immer noch
nicht verstanden hat, sich dabei unglaublich dumm vorkommt und dann
einfach nur mit „Si“ antwortet, in der Hoffnung, dass es eine Ja/
Nein – Frage war (meistens ist dies natürlich dann nicht der
Fall...) Doch in diesem Punkt muss ich einfach lernen Geduld mit mir
zu haben, trotzdem freue ich mich jetzt schon auf den Tag an dem ich
mich wie ein normaler Mensch mit anderen unterhalten kann.
Nach
diesem kleinen Exkurs, zurück zu meinem Alltag in der Schule.
Wenn
wir im Colegio ankommen, ist meistens noch nicht viel los. Die
„Kinder“ (so nennen wir irgendwie immer alle, obwohl eigentlich
auch viele Erwachsene da sind) kommen erst zwischen 9 und 10 Uhr. Die
Tías verbringen diese Zeit meist damit, vor dem Ofen herum zu
stehen, sich aufzuwärmen und sich über dies und jenes
auszutauschen. Wenn ich meinen Gruppenraum betrete werde ich immer
mit einem unglaublich überschwänglichen und freundlichen „Holaaaaa
Carlottaa (gelegentlich auch Carlottita, so nennt mich mein Chef)
como estas?“ begrüßt. Die Frage, wie es einem geht hört man
gefühlte hundert Mal am Tag und es wird auch nicht wirklich eine
Antwort darauf erwartet, ist halt eher so ne' Art Floskel. Nach dem
dann die Kinder so langsam eingetrudelt sind, geht es los. Alle
kommen in ziemlich überfüllten Busen aus verschiedenen Städten, da
sitzen dann halt auch mehrere auf dem Schoß des anderen, wie gesagt,
man sieht das hier nicht so eng.
Ich
bin Montags, Mittwochs und Freitags bei den kleinen „Retos
Multiples“, also den schwer-, mehrfachbehinderten Kindern, die
zwischen sieben und elf Jahre alt sind. Die anderen zwei Tage bin ich
im „Pre basico“, also in einer Gruppe mit noch kleineren, ich
glaube so zwischen 4 und 7 Jahren. Die Kinder in dieser Gruppe sind
nicht so schwer-, mehrfachbehindert wie die in der anderen Gruppe,
deshalb geht es dort umso lauter zu. Bei den Retos Multiples sind oft
viele krank, das heißt nicht selten kommt es vor, dass dann eben nur
vier oder fünf Kinder da sind, deshalb ist die Gruppe eher ruhig.
Inzwischen habe ich die Kinder beider Gruppen schon echt lieb
gewonnen, obwohl mir die Arbeit am Anfang sehr schwer fiel, weil ich
nicht so recht wusste, wo ich helfen kann und wo meine Aufgaben
liegen. Das wird aber von Tag zu Tag besser und mittlerweile gefällt
es mir sehr gut. Das Ziel des Colegios liegt auch nicht darin, mit
den Kindern Unterricht zu machen und sie die ganze Zeit zu
beschäftigten, sondern einfach mit ihnen Zeit zu verbringen, ihnen
Aufmerksamkeit zu schenken, eine gewisse Routine an den Tag zu legen
und vor allem ihnen zu zeigen, dass sie auch viel wert sind, genauso
wie alle anderen , trotz der Behinderung. Die meisten kommen nämlich
aus sehr armen Verhältnissen und bei vielen kümmern sich die Eltern
auch nicht so, wie sie es bräuchten.
Was
genau wir dann in de verschiedene Gruppen machen ist ein bisschen
schwer zu beschreiben, da dies sehr stark davon abhängt welche
Kinder da sind, da die Behinderungen sehr unterschiedlich sind. Im
Moment basteln wir vor allem ganz viel und schmücken alles in rot,
weiß und blau, also in den chilenischen Nationalfarben, da der 18.
September, der chilenische Nationalfeiertag ansteht und somit die
ganze Woche gefeiert wird :)
Zwischen
drei und vier Uhr werden dann wieder alle abgeholt und dann werden
die „salas“ geputzt und aufgeräumt und dann ist für uns auch
Feierabend.
Am
Freitag hatte wir ein Fußballspiel, da es eine
Frauenfußballmannschaft des Colegios gibt, die vom Chef Carlos
„trainiert“ wird :D Wir drei sind jetzt auch, mehr oder weniger
freiwillig, Teil dieser Mannschaft. Als wir den Zettel unterschrieben
haben, dachten wir eher es geht um „ab und zu ein bisschen kicken
in der Schule“ nach Feierabend... Anscheinend ist es aber dann doch
ein bisschen professioneller, unser Chef und gleichzeitig auch
Trainer hat uns nämlich gleich Schienbeinschoner und Fußballsocken
gekauft und das offizielle Trikot der Mannschaft „Sternenkinder“
haben wir auch erhalte. Das Fußballspiel am Freitag war dann gegen
den Supermarkt „Lider“, anscheinend hat hier jeder Supermarkt und
jede Schule eine Mannschaft, was wir ziemlich ungewöhnlich, aber
auch ziemlich cool fanden. Auf jeden Fall hatten wir unseren Spaß
und haben natürlich gewonnen, daran waren aber nicht wirklich wir
drei groß beteiligt, aber dabei sein ist halt dann doch alles ;)
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